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Samstag, 20. Februar 2016

Asperger und keine Sprache mehr

Sprechen ist für die NT etwas Normales. Klar, auch für sie ist es mit der Zeit anstrengend, wenn sie immer sprechen müssen. Jedoch verlieren sie die Sprache nicht. Sie können auch dann noch sprechen, wenn sie sehr müde sind.
Nun, ich nicht. Es kann passieren, wenn ich sehr vielen Gesprächen zuhören muss und auch noch sprechen muss, dass ich die Sprache verlieren. Dass ich nicht mehr sprechen kann. Das ist nicht sehr angenehm. Nicht für mich, aber für die anderen. Denn sie wissen ja nicht was los ist. Wie soll ich sagen, das ich nicht mehr sprechen kann, wenn ich nicht sprechen kann? Schreiben? Das geht auch nicht. Denn, schreiben setzt ja voraus, dass ich die Sprache habe. Die habe ich aber eben nicht. Denken? Geht auch nicht. Was mir bleibt, sind die Bilder. Aber auch die sind nur noch unklar, verschwommen.
Die Frage ist, wie lange das anhält. Nun, wenn ich mich in Ruhe erholen kann. Also ohne Gespräche. Ohne nichts. Dann etwa 1 Stunde. Danach geht es wieder. Mein Fähigkeit zu sprechen reicht im Normalfall für einen Arbeitstag. Einen normalen Arbeitstag. Also mit Gesprächen, Sitzungen aber auch mit Zeiten wo ich einfach arbeiten kann. Dann ist alles kein Problem. Muss ich aber an einen Anlass, der lange dauert. Viel Konzentration fordert, dann wird es schwierig. Besonders, wenn der Anlass am nächsten Tag weiter geht. Irgendwann habe ich keine Konzentration mehr. Dann bleibt mir nichts anders übrig, als mich zurück zu ziehen.
Für die NT ist das nicht vorstellbar. Ich meine, sie wissen nicht, das es so was gibt. Sie haben die Sprache immer zur Verfügung. Sprachlos sein, ist nicht gleich, die Sprache nicht mehr zu haben. Für mich ist das Sprechen sehr anstrengend. Ich vergleiche es immer mit einem Dauerlauf. Nur, dass er mit maximaler Geschwindigkeit gelaufen wird. Keine Zeit zu erholen. Maximale Kraft. Das ist für mich das Sprechen. Besonders dann, wenn mehr als eine Person am Gespräch beteiligt ist. Die Sprache die gesprochen wird ist egal. Es spielt also keine Rolle ob Deutsch oder Englisch. Für mich ist sprechen nur der Austausch von Informationen.
Für die NT aber eben nicht. Sie sind auf die Körpersprache und das zwischen den Zeilen angewiesen. Sprich für sie ist die Sprache mehr als für mich. Sie können in der Sprache Dinge wahrnehmen, die mir verborgen sind. Ich denke, das macht es für sie auch einfacher. Sie haben einfach mehr Informationen zur Verfügung als ich. Ich verstehe nur die gesprochene Sprache. Und davon auch nur das, was gesagt wird und nicht das, was gemeint ist. Das macht es doppelt schwer. Deshalb bin ich bei komplexen Gesprächen auch auf einen Übersetzer angewiesen. Ja jemanden, der das Gespräch leitet. Denn sonst kann es sein, dass ich mich in einem Detail verliere, das gar nicht Gegenstand des Gespräches ist.
Wie auch immer, ich jedenfalls weiss um das Problem, dass ich die Sprache verlieren kann. Ich weiss auch, wie auch darauf reagieren muss. Ja, ich merke, wann genug ist. Das ist für mich ein grosser Fortschritt. Denn so vermeide ich viele Probleme. Besonders, dass ich ausraste, weil ich selber nicht weiss was los ist. Das ist vorbei. Heute weiss ich es und kann darauf reagieren.
Jedoch versuche ich, so lange und so gut ich kann, an den Gesprächen teil zu nehmen. Denn ich will mich nicht selber ins Abseits stellen. Es ist eine Frage der Übung. Eine Frage der Konzentration. Aber auch sagen zu können, das genug ist. Das es nicht mehr geht. Ich denke, das war das grösste Problem. Zuzugeben das ich nicht mehr sprechen kann, dass alles zu viel ist.

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